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Atembeschwerden auf einen Schlag

Sölden im Ötztal. Ich flitze gerade zum unzähligsten Mal die Teäre Line runter als ich plötzlich einen Frosch im Hals verspürte. Durch Räuspern und Husten versuchte ich das unangenehme Gefühl zu beseitigen. In der dritten Woche meiner Sommerferien 2017 hatte ich wirklich von einer Abfahrt zur anderen Probleme mit dem Atmen, von einer Sekunde auf die Nächste. Ich war seit rund drei Wochen ständig auf dem Bike, unterwegs in Österreich und der Schweiz, von Downhill Strecke zu Downhill Strecke, ohne jegliche Beschwerden, vom Muskelkater einmal abgesehen, und plötzlich war es da: Asthma. Zu der Zeit wusste ich das noch nicht. Es nervte mehr als es wirklich einschränkte. Es fühlte sich an, als schwoll mein Hals an, drückte auf die Luftröhre und erschwerte mir das Atmen.

So schnell wie es kam, ging es wieder

Die Beschwerden waren nur von kurzer dauer. Möglicherweise habe ich sie auch als Kleinigkeit abgetan, verdrängt und versucht zu ignorieren. Ich wollte mit meinem Bike die besten Downhill Tracks runterheizen, da wollte ich auf keinen Fall von Atembeschwerden aufgehalten werden. Nach meiner vierwöchigen Rundreise durch die Bikeparks beruhigte sich die Situation und die Atemschwierigkeiten verschwanden gänzlich. Sport konnte ich wieder problemlos ausüben.

Die Ruhe hielt drei Wochen

Wieder, wie aus dem Nichts, Probleme beim Atmen. Ich musste mich anstrengen um die nötigen Sauerstoff in meine Lungen zu kriegen. Das Atmen viel schwer, der Puls ein wenig höher als gewohnt, die Nerven aber stark strapaziert. Die Einschränkung nervte und ich konnte nicht mehr meine volle Leistung abrufen. Anstatt wie gewohnt leicht atmend den Berg hoch zu strampeln, keuchte ich hörbar die Anstiege hoch. Diese Zustand machte mich wütend aber auch ängstlich

Im Kopf malte ich mir alle erdenklichen Möglichkeiten aus

Was konnte das nur sein? Woher kamen plötzlich diese Beschwerden? Habe ich meinem Körper zuviel zugemutet? Reagiere ich auf irgendetwas in der Luft allergisch?  Habe ich mir irgendetwas eingefangen? Eine verschleppte Erkältung? Oder noch schlimmer, eine kalte Lungenentzündung? Ich tat die Atembeschwerden als Kleinigkeit ab die sich von selbst wieder legt. Die Schuld gab ich der kalten Herbstluft. In den nächsten Tagen versuchte ich also, dem Phänomen auf die Schliche zu kommen und trainierte daher im Wohnzimmer auf der Rolle um die Kalte Umgebungsluft ausschliessen zu können. Das Ergebnis war ernüchternd. Dieselben Probleme plagten mich auch beim Indoor Training. Neu tauchten sogar leichte Atembeschwerden in der Nacht auf. Beim Zubettgehen hatte ich schweren Atem, sowie am morgen beim Aufwachen.

Erste Konsultation des Hausarzts

Nach mehren Wochen entschied ich mich meinen Hausarzt aufzusuchen um Abklärungen zu treffen und sicher zu gehen, dass es keine Lungenentzündung oder Schlimmeres sein könnte. Der Arzt hörte meine Lunge ab und röntgte meinen Thorax. Auf dem Röntgenbild waren keine Abnormalitäten zu entdecken, eine Lungenentzündung konnte damit ausgeschlossen werden. Weiter wurde auch mein Blut untersucht. Das Abhören der Lunge ergab schlussendlich entzündete Bronchien. Mein Arzt verschrieb mir Symbicort für etwa drei Wochen. Den Inhalator musste ich zweimal morgens und zweimal abends benutzen und in drei Wochen zur Kontrolle nochmals vorbeikommen.

Das Medikament half sofort

Gleich am zweiten Tag war ich quasi beschwerdefrei und konnte problemlos atmen. Der Inhalator half definitiv und ich nahm das Medikament solange bis zum Kontrolltermin bei meinem zuständigen Arzt. Beim erneuten Abhören der Lunge konnte der Doktor keine Geräusche mehr feststellen und meinte, ich könne die Inhalationen einstellen. Ich war froh, dass es sich nur um eine kleinliche Entzündung der Bronchien gehandelt hatte und die Beschwerden einfach und in kurzer Zeit behandelt werden konnten.

Die Freude war nur von kurzer Dauer

Nach etwa drei Wochen erkrankte ich an einer leichten Erkältung und die Atembeschwerden kehrten zurück. Ich tat dies als dummen Zufall ab und stellte die Atembeschwerden in Zusammenhang mit der Erkältung. Die Erkältung heilte jedoch aus, die Atemprobleme blieben. Daher konsultierte ich zum zweiten Mal meinen Arzt und erklärte ihm während der Sprechstunde meine Vermutung mit dem Zusammenhang zwischen Erkältung und wiederauftretenden Atembeschwerden. Er verschrieb mir daher nochmals das gleiche Medikament, welches auch sofort wieder seine Wirkung entfaltete und ich beschwerdefrei atmen konnte.

Rettung in letzter Sekunde

Wieder konnte ich normal durchatmen und Sport treiben, Diesmal sollte ich den Inhalator mit seinen 60 Ladungen bis zum Ende inhalieren. Ich hatte danach keine Beschwerden mehr, jedenfalls solange nicht, bis ich eines Nachts mit leichten Schwierigkeiten beim Atmen aufwachte. Das Atmen fiel mir von Minute zu Minute schwerer und ich bekam ein wenig Angst. Ich versuchte ruhig weiter zu atmen und hoffte, dass sich das beklemmende Gefühl im Hals wieder von selber löste. Ich atmete immer schwerfälliger und ging ins Badezimmer um einen Schluck Wasser zu trinken. Das kalte Wasser half vielleicht dabei meinen Hals zu beruhigen. Ich legte mich nicht wieder ins Bett, sonder setzte mich auf das Sofa im Wohnzimmer und konzentrierte mich auf die Atmung, versuchte mich zu beruhigen und nicht in Panik zu geraten, was mir Anfangs sehr gut gelang. Das Gefühl, dass sich die Luftröhre immer mehr verengte, wurde immer stärker und ich röchelte nun und gab laute Geräusche von mir. Ich war kurz davor den Krankenwagen zu verständigen, da ich dachte, jeden Augenblick zu wenig Luft zu kriegen. So sass ich da auf dem Sofa, schwer atmend und leicht panisch, wusste nicht was zu tun war und versuchte irgendwie genügend Luft zu kriegen. Meine Freundin erwachte von meinen lauten Atemgeräusche und eilte die Treppe hinunter um nach mir zu sehen. Als letzer Versuch, hoffte ich, dass der leere Symbicort Inhalator doch noch eine Ladung der rettenden Pulvers enthielt, der meine Bronchien beruhigte und mir das Atmen wieder erleichterte. Ich drehte also am roten Rädchen unterhalb des Inhalator um eine Dosis zu Laden, setze das Mundstück an und versuchte das Medikament so tief in meine Lungen zu saugen wie nur möglich. Die Prozedur wiederholte ich nochmals um eine eventuelle Wirkung zu verstärken. Nur wenige Minuten später setzte die Wirkung ein und meine Atmung begann sich langsam wieder zu normalisieren. Ich war erleichtern und erschöpft von der Anstrengung.

Jetzt aber zum Facharzt, sofort

Am nächsten morgen ging ich direkt zu meinem Hausarzt und liess mich zu einem Facharzt für Lungenkrankheiten überweisen. Für weitere Notfälle verlangte ich ein weiteres Rezept für einen weiteren Inhalator um auf solche Situationen wie am Vorabend vorbereitet zu sein. Sowas möchte ich auf keinen Fall nochmals erleben. Ich erhielt einen Termin für eine Untersuchung beim Pneumologen erst noch rund drei Wochen. Die Wartezeit störte mich nicht, da ich nun wusste, dass ich zu einem Spezialarzt kann und für Notfälle ein Medikament zur Verfügung steht. Beim Sport inhalierte ich präventiv ein bis zwei Hübe.

Termin beim Facharzt brachte die Gewissheit

Einen Tag vor meinem Geburtstag wurde ich in der Lungenpraxis untersucht und diversen Tests unterzogen. Ich musste gleichmässig in eine Maschine atmen, welche verschiedene Werte misste. Nach einer gewissen Zeit wurde ein Reizstoff zugegeben, der meine Lunge sofort reagieren liess und die Atmung erschwerte. Das Lungenvolumen verkleinerte sich um ein Vielfaches. Dieser Test wurde mehrmals wiederholt und die jeweiligen Messwerte im System gespeichert und ausgewertet. Zusätzlich wurde ich einem Allergietest unterzogen, Verschieden Substanzen wurden als Tropfen auf meinem Unterarm verteilt und nach 20 Minuten zeigten sich bei zwei Substanzen leichte Reaktionen. Ich zeigte eine leichte Allergie gegen Grässer und Roggen. Bei Hausstaub und anderen bekannten Allergieverursacher viel das Ergebnisse zum Glück negativ aus.

Nach der Auswertung aller Tests war eindeutige Diagnose: Asthma

Der Facharzt klärte mich über Asthma auf, erklärte mir das weitere Vorgehen und beruhigte mich, dass Asthma kein Hinderniss sei weiterhin Sport zu treiben. Für die nächsten fünf Jahre muss ich je nach Intensität Symbicort inhalieren. Aktuell habe ich auch ohne Medikament fast keine Anzeichen von Asthma, der warmen und feuchten Luft sei Dank, vermute ich. Vor grösseren Anstrengungen und sportlichen Aktivitäten nehme ich vorsichtshalber je ein bis zwei Hübe meines Inhalators. Nach reiflicher Überlegung und aus Sicherheitsgründen habe ich mich entschieden, meine Funktion im Atemschutz bei der Stützpunktfeuerwehr Wohlen, niederzulegen und mich innerhalb der Feuerwehr in anderen Funktionen zu engagieren. Ich möchte kein unnötiges Risiko eingehen.

Trotz Asthma muss ich mich nicht einschränken

Im ersten Moment fühlte ich mich bestraft. 30 Jahre lang lebte und ernährte ich mich ungesund und rauchte mindestens eine Schachtel Zigaretten pro Tag. Ausser den normalen Leiden als Raucher, wie etwa Reizhusten, war ich stets beschwerdefrei. Nun rauche ich seit zwei Jahren nicht mehr, habe 30 Kilogramm Gewicht verloren und werden dafür mit Asthma bestraft. Am Anfang hatte ich schon damit zu kämpfen und fragte mich nach dem warum. Schnell habe ich jedoch gemerkt, dass Asthma kein Hindernis darstellt. Ich lasse mich von Asthma nicht einschränken und muss das auch nicht. Mein Medikament versuche ich nur wenn wirklich nötig einzunehmen, bin jedoch froh, dass es hilft und die Beschwerden nicht nur lindert, sondern komplett beseitigt. Der erste Schock ist verdaut und ich habe gemerkt, dass ich mich genau gleich sportlich verausgaben kann wie noch vor der Diagnose. Ich kann weiterhin meine Leistungen abrufen und an meine Grenzen gehen und alles erreichen was ich will. Das Ganze trifft mein Facharzt mit dem folgenden exakt auf den Punkt:

Wir passen Asthma ans Leben an und nicht das Leben ans Asthma!

In dem Sinne: Ride your f#%cking bike!

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Marc Schürmann

Ich wurde 1983 geboren und wohne in Graubünden. Ich bin der Gründer von allmountain.ch und blogge über meine grösste Leidenschaft, dem Mountainbiken.